Swisscable Diamond
Höreindrücke NF-Kabel Swisscables Diamond IC
20 Jahre haben mich NF-Kabel nicht interessiert. Damit habe ich einfach meinen Gerätepark zusammengestöpselt. Weitere 20 Jahre war dann ein bestimmtes Kabel meine bevorzugte Wahl für gute Verbindungen. Und jetzt habe ich einen Nachfolger auserkoren.
Vorspiel
Als ich mich in
den 2000er-Jahren mit NF-Kabeln für meine Anlage beschäftigte, waren letztlich
zwei Kabel allen anderen von mir probegehörten Leitungen mehr als einen Schritt
voraus: das Fadel
Art Reference One und das Kimber Kable KS
1130. Letztlich kaufte ich mehrere Fadel-Kabel, weil es eine minimal höhere
Detailauflösung bot und gleichzeitig natürliche Instrumente und vor allem
Stimmen noch realistischer klingen ließ. Seltsamerweise hatte das
Kimber-Kabel genau in den zwei Punkten seine Stärken, bei denen das Fadel nicht
ganz so perfekt war: in der Bass-Präzision und bei allen Klangereignissen
mit perkussivem Charakter.
In den letzten
Jahren habe ich mich vergleichend mit verschiedenen Lautsprecher- und Netzkabeln befasst. Dabei
haben mich die Produkte der Firma Swisscables so überzeugt, dass ich viel Geld
für mehrere Käufe ausgeben musste. So war es naheliegend, mich auch einmal
hörend mit einem NF-Kabel von Swisscables auseinanderzusetzen. Angesichts der
technischen Weiterentwicklung müsste doch fast 20 Jahre nach meinen letzten
Vergleichen ein NF-Kabel zu finden sein, das die besten Eigenschaften von Fadel und
Kimber in idealer Weise kombiniert …
Das HiFi-Studio Wittmann stellte mir zum Ausprobieren ein
Swisscables Diamond IC mit XLR-Steckern zur Verfügung. Da ich mich mit Grausen
an das verzwickte Verlegen der symmetrischen NF-Kabel zwischen der Linn
Klimax-Vorstufe und den Linn Klimax Solo-Endstufen erinnere, sollte das
ausgeliehene Kabelpaar mein Fadel Art Reference One zwischen dem PS Audio
Direct Stream DAC MK2 und der Linn-Vorstufe ersetzen.
Der Kabeltausch war dann wie erwartet kein reiner Quell der Freude. Am DAC war das Aus- und Einstöpseln kein größeres Problem, aber die idiotische Konstruktion der Linn-Vorstufe mit dem von oben her völlig verdeckten Anschlussfeld lässt jeden Zugriff zu einer Nervenprobe werden. Das im Vergleich zu den Swisscables-Netzkabeln flexiblere, aber immer noch nicht einfach zu verlegende Swisscable Diamond IC machte die Sache nicht leichter …
Da das ausgeliehene Kabel im HiFi-Studio Wittmann bereits genutzt worden war, gönnte ich ihm in meiner Anlage keine längere Einspielphase. Vielleicht auch, weil ich zu gespannt war: Wie würde das Swisscables Diamond im Vergleich zum bisherigen Fadel-Kabel den Klang verändern?
Hör-Eindrücke
Peter Gabriel: „Sledgehammer“ (Charisma-CD „So“)
Sofort fällt mir auf, dass der synthetisch klingende Bass sauberer
nachgezeichnet wird. Der typische 80er-Jahre-Sound der CD wird durch das
Swisscables angenehm entschärft, ohne dass ich den Eindruck habe, der Klang
würde weichgespült.
King & Moore: „Alligator Dancing“ (Justice-CD „Potato Radio“)
Auch hier macht sich der klarer klingende Akustik-Bass
positiv bemerkbar. Das mehrmalige, aber nicht immer identische Anschlagen des Glöckchens
klingt schöner, ohne übertrieben herauszustechen. Faszinierend ist auch die körperhafte
Nachzeichnung der Sängerin Nancy King inklusive der Feinheiten ihrer Stimme.
Auch das Saxophon, das die Natur der Aufnahme deutlich in Richtung Jazz
verschiebt, profitiert von der gesteigerten Plastizität.
Georg Friedrich Händel: „What passion cannot music raise
and quell“,
Sophie Junker (Sopran) und Le Concert de l´Hostel Dieu, Franck-Emmanuel
Comte (Aparte-CD „La Francescina - Handel´s Nightingale“)
Die klanglichen Unterschiede zwischen dem Solo-Cello und dem
leicht versetzt dahinter stehenden Kontrabass kommen schon über das Fadel-Kabel
überaus natürlich. Aber das Swisscables macht es noch ein Fitzelchen
authentischer.
Besonders bei der wunderbaren Stimme von Sophie Junker
fällt auf, dass bei identischer Lautstärke-Stellung die Aufnahme lauter wirkt
als per Fadel-Kabel übertragen. Sensationell gute Aufnahme übrigens.
Anna Khomichko/Carl Philipp Emanuel Bach: „12 Variationen
über "Les Folies d´Espagne"“ (Genuin-CD „Mozart and his Europe“ via
Qobuz)
Kann man die Wiedergabe eines herrlichen Flügel-Klangs noch verbessern?
Ein wenig. Die Forte-Stellen betont das Swisscables noch deutlicher. Wer einmal
die Dynamik eines Konzertflügels live gehört hat, weiß, wovon ich rede.
Franz Lehar: „Die lustige Witwe“, Wiener Philharmoniker, John
Eliot Gardiner (Deutsche Grammophon-CD)
In Szenen wie der Introduktion „Verehrte Damen und Herren“ oder
dem Entree „Achtung, meine Herren“ mit vollem Orchester und großem Chor erkennt
man sehr schön die Weite und Höhe des Großen Saals im Wiener Musikverein (den
man jedes Jahr am 1. Januar beim traditionellen Neujahrskonzert im TV sehen
kann). Ebenso hört man, dass der Däne Boje Skovhus (als Graf Danilo) und die
US-Amerikanerin Barbara Bonney (als Valencienne) perfekt Deutsch sprechen und
singen, während der Waliser Bryn Terfel (als Baron Mirko) und die
US-Amerikanerin Cheryl Studer (als Millionen-Erbin Hanna Glawari) sofort als
Nicht-Muttersprachler auffallen. Exakter und gleichzeitig verbindlicher als mit
dem Schweizer Kabel habe ich das noch nicht gehört.
Das Orchesterspiel der Wiener Philharmoniker lässt dagegen
keinerlei Wünsche offen: es ist zwischen intimer Kammermusik und groß
auftrumpfenden Passagen völlig variabel und genauestens differenziert. Schlicht
Weltlasse. Und so hört es sich auch an.
Ben & Ellen Harper: „A House is a Home“ (Prestige Folklore-CD
„Childhood Home“)
Der pegelmäßig überzogen aufgezeichnete Akustik-Bass kommt per
Swisscables merklich weniger dröhnend aus den Lautsprechern. Insbesondere die
Töne aus dem Velodyne-Subwoofer verlieren diesen wummernden Beiklang. Trotz der
sorgfältigen Einmessung auf die Verhältnisse in meinem Musikzimmer muss ich bei
der Nutzung des Fadel-Kabels den Subwoofer-Pegel per Fernbedienung immer leicht
herunterregeln, um diesen schönen Country-Song genießen zu können. Per
Swisscables ist das nicht nötig.
Mop Mop: „Jua Kiss“ und „Let I go“ (Agogo-CD „Isle of Magic“)
Der erste Titel bietet nur eine einleitende Geräuschkulisse, die
im Studio in höchster Präzision aufgezeichnet wurde. Detaillierter in einzelne
Schall-Ereignisse aufgelöst kenne ich das nur von den allerbesten analogen
Plattenspielern. Sobald bei „Let I go“ die tiefen Schlaginstrumente einsetzen,
profitiert meine Anlage wieder von der prägnanten und dennoch voll klingenden
Zeichnung der Swisscables. Und das geht nicht zu Lasten der anderen Bereiche
des musikalischen Spektrums.
Michel Godard: „Impermanance“ und „Improvisation“ (Carpe Diem-CD „Le
concert des parfums“ via Qobuz)
Der Aufnahmetechniker versteht sein Handwerk in Perfektion. Da
hört man nicht nur die Instrumente im Augenblick der Aufzeichnung, sondern auch
den Aufnahmeraum im ehemaligen Zisterzienserkloster Noirlac in seiner Weite und
Höhe. Die Töne von Stimmen und Instrumente haben Zeit, wirklich zu verklingen. So
stelle ich mir den Goldstandard für Aufnahmen in einer natürlichen Raum-umgebung
vor. Das heißt, so sollten alle Aufnahmen klingen, die nicht in einem Studio
mit gewollten Eingriffen in den Sound aufgezeichnet werden, sondern in einem
Raum in seiner typischen Klang-Signatur, egal ob es sich bei diesem Raum um
einen Konzertsaal, einen Jazzkeller, eine Kirche oder um ein Amphitheater
handelt.
Leonard Cohen: „You want it darker“ (Sony-CD „You want it darker“
via Qobuz)
Zuerst ein großer, wortloser Männerchor, gefolgt von tiefen
Synthie-Bässen, dazu monotone Percussion. Dann diese Cohen-Stimme: tief, überdimensional
aufgenommen, kaum moduliert, dafür mit völlig klarer Aussprache, das Bekenntnis
des alten Mannes „I´m ready, my Lord“. Das ist ein faszinierendes Vermächtnis.
Und vom Swisscables (in aller Künstlichkeit der Aufnahme) schlackenlos klar
gezeichnet.
Tuba Skinny: „Thriller Rag“ (Tuba Skinny-CD „Some Kind-A-Shake““
via Qobuz)
Und zum guten Schluss noch eine fröhliche Prise Dixieland-Jazz aus
New Orleans. Wer wirklich tiefbasstüchtige Lautsprecher hat, der kann die groben,
kernigen, sonoren Luftstöße des Sousaphons fast körperlich spüren und genießen.
Und das, obwohl die Aufnahme garantiert kein High End-Niveau hat.
Zur Einordnung meiner Höreindrücke
Zur Klarstellung vorweg: Ich bin ein engagierter Musikhörer. HiFi-Technik interessiert mich maximal am Rande. Und obwohl ich in meinem Leben schon mehr als einen HiFi-Händler zumindest kurzfristig glücklich gemacht habe, kann ich keinen Anspruch erheben, mehr als nur eine Ahnung zu haben, welche tollen Gerätschaften für Musikwiedergabe (in diesem Falle: Kabel) der HiFi-Markt noch bietet. Aber vergleichen, kritisch hören und mir dann eine eigene Meinung bilden, das kann ich.
Zur Einordnung: Bei meinen Lautsprecher- und Netzkabel-Vergleichen setzten sich die jeweiligen Swisscables deutlicher von den anderen gehörten Kandidaten ab als das jetzt beim NF-Kabel der Fall war. Das heißt, mein bisheriges Fadel Art Reference One bleibt ein Top-NF-Kabel. Aber das Swisscables Diamond IC zündet den zusätzlichen Turbo: in der Bass-Präzision, in der Impulsverarbeitung und in der Feinauflösung, ohne an anderer Stelle irgendeine Schwäche zu zeigen. Und bietet damit eine Kombination der besten Eigenschaften der eingangs genannten NF-Kabel.
Auch wenn sich für mich keine völlig neuen Hör-Perspektiven auftaten: das Swisscables Diamond IC hat das Zeug zu bleiben. Und ein 1,50 Meter langes NF-Kabel für runde 2.800 Euro, das ist doch genau das Richtige für meine HiFi-Anlage, deren Preis die Schallmauer der Vernunft bereits mit Anlauf durchbrochen hat (frei zitiert nach dem Jazz-Kritiker Ralf Henke).
Wenn Sie sich einen Kauf finanziell leisten können: Machen Sie selbst einen Vergleich!
Martin Faßnacht, im November 2024